Platz 1 für „Tod einer Göttin“

Vor einiger Zeit startete Fischer Tor einen Kurzgeschichtenwettbewerb zum Thema Climate Fiction. Für mich war das ein ganz und gar neuer Begriff. Aus der Beschreibung erfuhr ich, dass es in der Cli-Fi um fiktionale Zukunftsszenarien geht, in denen der Klimawandel eine zentrale Rolle spielt. Pärlonien schied damit als Handlungsort aus. Zum Glück gibt es noch ein zweites Land, in dem ich mich häufig und gern aufhalte, und das mir als Setting geradezu prädestiniert schien.

Indien!

Schon heute ist Indien ein Land der Wetterextreme. Im Sommer klettern die Temperaturen in manchen Regionen weit über die 40-Grad-Marke, fällt der Monsun zu stark aus, drohen Überschwemmungen. Und schon heute macht sich die Erderwärmung in Indien deutlich bemerkbar. Der Bundesstaat Maharashtra leidet seit Jahren unter massiven Dürreperioden, die Millionenstadt Chennai stand Ende 2015 zu großen Teilen unter Wasser, und in den vergangenen Tagen flimmerten Bilder aus dem smogverseuchten Delhi auch hierzulande über die Fernsehbildschirme.

Seit einiger Zeit juckte es mich in den Fingern, mich endlich auch einmal schriftstellerisch mit Indien auseinanderzusetzen. So entstand meine Kurzgeschichte „Tod einer Göttin“, die ich schließlich für den Wettbewerb einreichte. Die Geschichte spielt in Varanasi, einer Millionenstadt am Ganges, wo Tradition und Moderne laut und lebendig aufeinanderprallen. Der Ort ist berühmt für seine rituellen Badeplätze, die Ghats, welche das Flussufer auf einer Länge von mehreren Kilometern säumen und Pilgern aus ganz Indien ein Bad im heiligen Fluss ermöglichen. Nicht zuletzt aufgrund ihrer spirituellen Bedeutung ist die Stadt ein Schmelztiegel, in dem Angehörige verschiedenster Religionsgemeinschaften und sozialer Schichten auf engstem Raum zusammenleben.

Drei Mal habe ich Varanasi bisher besucht und jedes Mal schlug mich die Stadt völlig in ihren Bann und brachte mich manchmal auch körperlich und emotional an meine Grenzen. Während meiner Aufenthalte dort habe ich mehr Antibiotika geschluckt, als in meinem ganzen bisherigen Leben, und mehr Hindi gesprochen als Englisch; ich habe göttliches japanisches Essen gegessen und die schrecklichste Pizza der Welt (halb); auf den Straßen habe ich Szenen beobachtet, die ich lieber vergessen würde und Menschen getroffen, mit denen ich für immer befreundet bleiben möchte.

Fakt und Fiktion

Für die Kurzgeschichte stellte ich mir die Frage, wie es in 100 oder 150 Jahren in Varanasi zugehen könnte, wenn die Temperaturen weiter ansteigen, die Bevölkerung noch mehr wächst und die Umweltverschmutzung zunimmt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten meine Texte immer in frei erfundenen Settings gespielt. Es war daher eine ganz neue Erfahrung, mich mit »Tod einer Göttin« sozusagen in die reale Welt hinauszuwagen. Auch wenn die Handlung reine Fiktion ist, liegen der Erzählung eine Menge persönliche Eindrücke und Erlebnisse zugrunde.

Dass die Geschichte schließlich zum Wettbewerbssieger gekürt wurde, hat mich dann aber doch ganz schön überrascht. Auf Tor Online steht sie nun in derselben Rubrik wie Storys von H. P. Lovecraft – wenn das keine gewaltige Ehre ist! Das Tolle für dich: Du kannst sofort online loslesen und mit mir zusammen einen Blick in die Zukunft werfen.

Zur Einstimmung gibt es hier ein paar Bilder. Zwar stammen sie aus dem Hier und Heute – aber die Ghats werden ganz sicher auch die nächsten Jahrhunderte überdauern und unsere Nachfahren weiterhin über brüchige Stufen hinab zum Ganges führen.

Ganz herzlichen Dank an meine liebe Freundin Franziska, die einen Teil der Fotos in dieser Bildergalerie geknipst hat. Ich freu mich auf weitere Indienabenteuer mit dir!

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